settergeschichten

Autorin: Ulrike Krattiger-Campana

Field Trial hat viele Spielarten und Facetten und ist eigentlich in den seltensten Fällen das, was sich der Laie darunter vorstellt.


Die Arbeit mit dem Vorstehhund, dem Setter oder Pointer, die Suche nach Fasanen und  Rebhühnern, manchmal auch Wachteln, nach Birkhühnern oder sogar Schnee- und Auerhähnen hat ihren Ursprung in der praktischen Jagd.

Aus purer Notwendigkeit und  um den Speisezettel etwas abwechslungsreicher zu gestalten, haben unsere Vorfahren gejagt. Damit die Jagd und somit auch das Leben etwas einfacher wurde, haben sie sich  Hunde zum Gehilfen gezogen. Wie in vielen anderen Bereichen als Hüte- oder Schutzhunde wurden unsere vierbeinigen Helfer treue Begleiter.

Um für die Jagd im Herbst die besten, bzw. brauchbarsten Hunde vorzubereiten, hat man die jungen Hunde im Frühjahr ‚getestet’. Daraus entstanden vor einigen Jahrzehnten die ersten sogenannten Frühjahrsprüfungen, die sich zu einem eigentlichen Sport mit Wettkämpfen bis zu Europa- und Weltmeisterschaften entwickelt haben. Bei diesen Prüfungen wird kein Wild geschossen, sondern man gibt mit einer Schreckschusspistole einen Schuss ab, wenn ein Vogel abstreicht.

field trial gordon setter

Wie kommst du zum Field Trial?

Meistens wie die Jungfrau zum Kind. Du kaufst Dir einen kleinen Setter oder Pointer als Familienhund. Irgendwann merkst Du, dass das Hündchen eine sehr feine Nase hat,  gerne im Feld seine Schlaufen zieht, fasziniert und gebannt Krähen und andere Vögel bewundert. Wenn du Glück hast, sagt Dir mal einer: 'Du, dein Hund steht vor!'

field trialVorstehen?  Was ist das? Wenn Du noch einmal Glück hast, schleppen Dich Züchter/Züchterin oder Dein Kursleiter zu einem Informationstag oder einer Anlageprüfung. Dort schnupperst Du zum ersten Mal eine winzig kleine Brise Field-Trial-Luft. Es gibt Leute die packt’s schon, wenn Sie zum ersten Mal einen ausgebildeten Hund bei der Arbeit sehen.

Vielleicht willst Du aber nur aus 'lauter Neugier', nur mal so 'Just for fun' beim Dresseur oder einem Bekannten, der ein Revier hat, Deinen eigenen Hund  laufen lassen. Du merkst, dass Dein Hund eigentlich viel mehr an Anlagen mitbringt und auch zu nutzen weiss, als Du Dir an Wissen  in so kurzer Zeit aneignen kannst.

Die Grundlage ist also vorhanden. Du entschliesst dich, Deinen Hund jagdlich auszubilden.

Nun wird es wohl so sein, dass Du nach Feierabend anstatt  mit Deinen Freunden ein Bier zu trinken, schnell ein paar Kilometerchen fährst, um mit Freund Setter oder Pointer noch einen Gang übers Feld zu machen.

Anstatt am Fernseher entspannt einen Krimi anzusehen, wird Dir der kalte Schweiss auf der Stirn stehen, weil Dein noch nicht so perfekt  ausgebildeter Jäger heute zwar wunderschön vorgestanden hat, leider aber den Vogel nach dem Abstreichen bis zum Horizont gehetzt hat.

gordon setter am horizont

Gott sei Dank hat er kurz vor der Strasse gedreht, weil der Fasan doch zu weit in der Luft war. Brav macht er sich auf den Rückweg quer übers Feld, macht aber unterwegs rein zufällig einen Hasen hoch und muss den natürlich ein gehöriges Stück begleiten. Die Hasenhetze gibt er schliesslich auf mit dem Gedanken: 'Wart nur mein Freund, ich laufe jetzt mal zu meinem Führer zurück, aber das nächste Mal....!' Dein Liebling kommt mit hängender Zunge an, so dass Du für diesen Tag das Training beenden kannst. Müde kommst du so gegen halb zwölf nach Hause.

Deine Frau zeigt Dir noch kurz, was sie bei der Shopping-Tour alles gekauft hat. Nein, keinen neuen Pelzmantel. Die neuen grünen Gummistiefel, garantiert atmungsaktiv. Ein 'Cap' gegen zu viel Sonneneinstrahlung. Die Regenhosen mit seitlichem Reissverschluss für bequemen Einstieg und nicht zuletzt die Jacke mit dicker Kapuze für Hudelwetter. Einen Schreckschussrevolver hat sie auch mitgebracht. Damit du in ferner Zukunft nach erfolgreichem Vorstehen Deines Hundes den verlangten Schuss zum Beweis der Schussruhe abgeben kannst.   

Mittlerweile hat man Dir auch gesagt, dass das Leben mit Jagdschein sooo viel einfacher ist. Deshalb hast Du Dich auch bereits zum Jägerkurs angemeldet. Dies verschlingt lediglich einen Abend pro Woche für den Kurs und sonst noch ein bisschen Freizeit, um etwas für die Prüfung zu lernen.

gordon setter jagd

Kann sein, dass irgendwann Deine Schwiegermutter anruft und fragt, ob ihr am Sonntag mit ihr einen Ausflug zum See machen wollt. Sie will euch dafür auch zum Mittagessen einladen. Dumm gelaufen. Freund Hund braucht noch den letzten Schliff, bevor die erste Prüfungssaison anfängt. Also noch einmal mit dem Auto Richtung Revier und alles durchpauken, was der Kandidat wissen muss.

Nächsten Samstag sehen wir uns an einer kleinen familiären Prüfung, nur etwa 35 Hunde. Drei, vier Profi’s und eine Handvoll Amateure, wie Du und ich. In Frankreich, Italien, Spanien und einigen anderen Ländern, gibt es den Beruf des Hundedresseurs. Sie bilden Hunde für die praktische Jagd und für die Sportvariante, das Field Trial aus.

Du kannst Deinen Hund dort in Ausbildung geben, es wird abgemacht, was der Besitzer erwartet, was der Hund können sollte, ob er für die praktische Jagd oder für Sport ausgebildet werden soll. Für einen festgelegten Preis übernimmt der Profi den Hund, der nach erfolgter Ausbildung von ihm oder von Dir jagdlich oder an Wettkämpfen geführt werden kann.

Aber zurück zu der kleinen familiären Prüfung. Sie ist nicht besonders weit weg, nur etwa zwei bis drei Autostunden. Deshalb lohnt es sich nicht am Abend vorher anzureisen. Du stehst um vier Uhr in der Früh auf und fährst los. Den Treffpunkt, häufig ein kleines Restaurant in einem winzigen Dorf am Ende der Welt hast Du nach nur 40 Minuten Suche gefunden. Jetzt kannst Du gemütlich einen Kaffee trinken. Halt. Zuerst muss ja noch der Hund versorgt werden. Du gehst mit ihm an der Leine hin und her, bis er sein Geschäft gemacht hat.

hundeprüfung

Dann bezahlst Du das Startgeld, schaust, in welcher Gruppe Du eingeteilt bist, welches Deine Richter sind, in welches Terrain Du fahren musst. Es bleibt aber noch genügend Zeit um etwas zu trinken und zu plaudern. Wenn die Richter das Jagdhorn ertönen lassen, ist Abfahrt in die Reviere. Da musst Du aufpassen, dass du Dich in die richtige Autokolonne einreihst damit Du nicht in der falschen Revierecke landest. Dann geht nämlich die Sucherei wieder los.

Mit einem jungen Hund wirst Du sicher eine sogenannte Soloprüfung machen. Das heisst, dass Du mit Deinem Hund das zugeteilte Feld alleine zur Verfügung hast. Später wirst Du an Paarsuchen gehen. Dort hast Du einen ausgelosten Partner. Die Hunde müssen zu zweit suchen, respektieren, wenn der andere vorsteht. Wenn Dein Hund einen Fehler macht, scheidest Du aus und der andere Hund kann seine verbliebene 'Restzeit' mit einem neuen Partner am Ende der Prüfung noch absolvieren.

Vielleicht wirst Du an Deiner ersten Prüfung ausscheiden.

  • Ein möglicher Grund ist zum Beispiel das sogenannte 'Ueberlaufen'. Der Hund überläuft ein Stück Wild.  Der Führer oder ein Richter kommen dem nicht gefundenen Vogel zu nahe und er geht hoch: ausgeschieden.
  • Schmeissen. Der Hund läuft seitlich in einen Fasan oder ein Rebhuhn, kommt nicht zum Vorstehen, weil er die Witterung nicht bekommen hat. Er kann auch zu schnell sein, der Wind kann kurz gedreht haben, der Vogel geht hoch, ohne dass der Hund ihn angezeigt hat: ausgeschieden.
  • Kein Wild. Der Hund kommt während seiner 15 bis 20-minütigen Suche nicht an Wild. Pech, ausgeschieden.
  • Der Hund steht vor, das Wild geht hoch, der Hund macht nach dem Abstreichen einen Schritt: ausgeschieden!
  • Ganz klare Gründe für’s Ausscheiden sind auch das Hetzen des Vogels, eines Hasen oder von Rehen.
  • Vielleicht macht Dein Freund auch eine zu weite Reise und gehorcht nicht mehr. Aus der Hand: ausgeschieden.
  • Heute ist er gar nicht gut drauf und trabt nur herum, geht nicht schnell und weit: ausgeschieden!
  • In der Paarsuche steht der andere Hund vor, Deiner 'sekundiert' nicht, d.h. er sucht eifrig weiter oder läuft am vorstehenden  Hund vorbei: ausgeschieden!
  • Junge Hunde mit wenig Erfahrung zeigen manchmal auch warme Plätze an. Das sind Stellen, wo vorher Wild lag, das weggelaufen ist. Nach dreimaligem  'leerem Vorstehen’ bist Du – na was denn wohl?  Natürlich ausgeschieden.


Du findest das ziemlich desillusionierend?

gordon setterIch wollte nur zeigen, dass es gar nicht so einfach ist, einen Hund zum Champion zu machen. Es ist hohe Schule, braucht unglaublich viel Zeit und Idealismus. Keine Angst. Der Tag wird kommen, wo Du Deinen Hund platzierst. Wo Du vor Freude in die Luft springen könntest und fast zerplatzt vor Stolz.

Irgendwann holst Du Dir vielleicht einen weiteren Hund ins Haus. Vielleicht hast Du dann sogar den ganz grossen Ueberflieger, der eine Zeit lang fast jede Prüfung mit Bravour besteht.

Dann wirst Du nach Frankreich fahren, an die ganz grossen Prüfungen mit manchmal bis zu 500 (Fünfhundert!) Hunden.

Eine Riesensache. Treffpunkt in einer Halle, meist genannt ‚Salle Polyvalente’, morgens ein Bienenhaus mit Dutzenden von Profi’s, Richtern,  Revierführern,  einer Handvoll Amateuren. Stimmengewirr, ein Höllenlärm. Alle drängen sich um die Kaffeebar und um den Aushang mit den Gruppen, um die Sekretäre, die die Ummeldungen, die Abmeldungen, die Neumeldungen einschreiben.

Hier siehst Du auch viele alte Freunde. Die Hundeführer aus Frankreich, Deutschland, Italien.....Man trifft sich ja immer wieder. Drei, vier Mal im Jahr, freut sich, klopft sich auf die Schulter: 'Schön, dass Ihr auch wieder dabei seid !'

Du suchst auf der Karte die Reviere, die schnell mal 20 km entfernt sein können. Da fährt Dich keiner hin, da musst Du Dich alleine zurechtfinden. Wenn Du blutiger Neuling bist, findest Du aber ganz sicher einen freundlichen Richter der Dir sagt, wann er losfährt. So kannst Du dich gleich anhängen. Manchmal ist Rendezvous in einer kleinen, verrauchten Bar, wo kaum alle Leute Platz haben.

Die Prüfungssaison im Frühjahr in Frankreich dauert von Anfang März bis Mitte April. Dort stehen die riesigen Weizenfelder für die Suchen zur Verfügung.

Der Tross der Profi’s bewegt sich von Ort zu Ort, es gibt grössere und kleinere Anlässe, Spezialprüfungen, wo nur eine oder zwei Rassen geführt werden, z. B. Englisch-Setter-Spezial, Gordon-Setter-Spezial. Es gibt im Frühjahr für jede Setter- und Pointervarietät ein Europachampionat, wo Teilnehmer aus mehreren Ländern kommen. Die Weltmeisterschaft wird im Herbst ausgetragen und umfasst alle Setter und Pointer gemischt in einer Gruppe, die kontinentalen Vorstehhunde in einer zweiten Gruppe.

Am späten Nachmittag trifft man sich wieder zur Preisverleihung. Die Sieger werden genannt und beklatscht, es wird gratuliert und wenn Du ausgeschieden bist und einen Superhund hast, der durch ein Missgeschick ausgeschieden ist, bekommst Du vielleicht sogar eine Erwähnung vom Richter.

gordon setter ehrung

Im Sommer wirst Du dich vielleicht nach Italien verirren. Die Prüfungen in Norditalien sind bekannt. Man fängt früh an, so ungefähr um sieben Uhr. Dafür ist der Concours meist am Mittag fertig und Du kannst dann noch baden oder gut essen gehen. So hast Du wenigstens das Gefühl doch noch Ferien zu haben.

Auch in die Toscana zu fahren kann sich für Frühaufsteher lohnen. Es kommt dort häufig vor, dass Du  um vier Uhr morgens im Hotel abgeholt wirst. Die grosse Hitze erfordert einen frühen Beginn. Aber es lohnt sich. Es ist ein Traum, wenn Du deinen Hund über die Hügel von Siena fliegen siehst. Nach den Prüfungen gibt es fünf- bis neungängige gemeinsame Essen. Die Italiener sind ja unglaublich freundliche und gesellige Leute und essen vor allem gern, so dass Du unheimlich Spass haben wirst.

Einziger Wermutstropfen. Wenn Du nach Hause kommst, sieht Dein Auto aus, wie wenn Du quer durch die Sahara gefahren wärst. Kein Winkel im Auto, der nicht voller Staub ist. Aber das kriegst Du in den Griff.

pretty woman de herlsageUm die Zeit bis zum Herbst zu überbrücken, hast Du die Möglichkeit nach Österreich oder Tschechien zu fahren.  Auch dort kennt man die Field-Trial-Leidenschaft. Es gibt auch da grosse internationale und gemütliche, familiäre Prüfungen in wunderschönen Revieren. Geh mal  in die Berge zur Birkwildsuche in der Schweiz. Grimsel, Valle Bedretto im Tessin. Unglaublich anstrengend für Tier und Führer in den Steilhängen, in den Heidelbeeren Wild zu suchen. Aber faszinierend schön.

Ende Oktober ist es dann soweit. Du bist ferienreif, brauchst unbedingt Urlaub. Toll, sagen Deine Bekannten. Nach Bordeaux, schönen Wein trinken, Schlösser besichtigen, gut essen. Ja, ja, aber auch Hund führen. An den grossen Prüfungen in den Pinienwäldern der Landes. Täglich 300 bis 400 Hunde, und das eine ganze Woche lang.

Dann geht der Circuit weiter, Richtung Arcachon. Dort gibt es in der Halle bereits zum Frühstück Austern. Auch nicht schlecht. Du möchtest ja bis zum Schluss nichts verpassen. Vielleicht hast Du dann die glorreiche Idee abends um fünf loszufahren. Die 1400 km nach Hause sind bis am Morgen zu schaffen. Dann kannst Du wenigstens rechtzeitig zur Arbeit gehen. Unterwegs erinnerst Du Dich vielleicht an die freien Nachmittage, an denen Du am Meer lange Spaziergänge mit Deinen Hunden gemacht hast.

Du kannst dann die Saison mit den Prüfungen im Elsass abschliessen. Im November in fast heimischer Gegend erwartet Dich wahrscheinlich Schmuddelwetter, Regen, knietiefer Schlamm. An den schweren Gummistiefeln klebt nasse Erde, die Finger sind halb erfroren und Du selbst siehst aus, wie ein Motocrossfahrer.

Du musst mit dem angeleinten Vierbeiner vielleicht durch einen riesigen Zuckerrübenacker laufen, bis Du bei den Richtern bist. Der Schweiss wird Dir den Rücken hinunterrinnen. Dann die Suche, in den kniehohen, nassen Rüben. Dein Hund kommt daher, wie wenn er in eine Grube gefallen wäre. Aber den Fasan hat er gefunden und gepunktet.

fasanenapport

Wieder zu Hause brauchst Du nur etwa drei Tage, bis das Auto wieder so aussieht, dass Du damit zur Arbeit fahren kannst. Die nassen Hundedecken, die vielen nassen Frottiertücher, die schmutzigen Schuhe, das alles ist im Handumdrehen wieder sauber. Irgendwann kannst Du dann auch noch deine braunen Hosen waschen und wieder blau kriegen. Nein, der Nachbar ist nicht mehr sauer. Du hast ja die Strasse mit dem Gartenschlauch gereinigt . Jetzt muss er nicht mehr in die Schlammpfützen treten, die aus den Radkästen Deines Auto’s gefallen sind.

Aber das alles ist doch nichts, gegen diese irrsinnige Feeling, wenn Du deinen Hund siehst, wie er am Rande des Feldes die Nase in den Wind streckt, die Luft einzieht, Witterung aufnimmt und losrennt.

Wenn er im Frühling über die endlosen Weizenfelder fliegt, buchstäblich fliegt, so dass der Staub aufwirbelt, wenn er im Herbst Gräben und Hindernisse ohne jede Mühe überspringt, wenn Du im Wald das Glöckchen nicht mehr hörst und weißt, jetzt hat es ihn herumgerissen, jetzt steht er vor, er hat Wild gefunden, dann weißt Du: Es hat sich gelohnt, Dein Hund ist glücklich!

gordon setter vorstehen

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