Viele Hundebesitzer sehen sich früher oder später mit der Frage konfrontiert, ob ihr Hund kastriert werden sollte.
Aus veterinärmedizinischer Sicht ist eine Kastration eine Therapie für verschiedene Erkrankungen, wie z.B. bei Tumoren an Eierstöcken, Gebärmutter oder Hoden. Von Seiten mancher Hundebesitzer wird jedoch häufig der Wunsch nach einer Kastration aus nicht medizinischen Gründen geäußert: Vermeidung der Fortpflanzung oder Erleichterung in der Haltung. Diese Gründe erfordern eine individuelle Abwägung gegenüber den möglichen Nebenwirkungen.
Gesetzliche GrundlagenDas Tierschutzgesetz vom 25.05.1998, §6 besagt, dass das „…vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres…“ verboten ist. Dazu zählt auch die operative Entnahme der Keimdrüsen (Hoden, Eierstöcke, Gebärmutter).
Dieses Verbot gilt nicht, wenn der Eingriff im Einzelfall „…nach tierärztlicher Indikation geboten ist…“ bzw. „…zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung oder - soweit tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen - zur weiteren Nutzung oder Haltung des Tieres eine Unfruchtbarmachung vorgenommen wird."
Was ist der Unterschied zwischen Kastration und Sterilisation?Üblicherweise werden sowohl die Hündin als auch der Rüde durch einen operativen Eingriff kastriert: Bei einer Kastration (lat.: castro, castratus = schwächen, berauben, entnehmen, entkräften) handelt es sich um die Entfernung der Hoden (Rüde) bzw. der Eierstöcke (Hündin), wodurch die Produktion von Geschlechtshormonen verhindert wird.
Bei einer Sterilisation können operativ der Samenstrang beim Rüden, bzw. die Eileiter bei der Hündin unterbunden werden, wodurch der Transport von Spermien bzw. Eizellen verhindert wird. Sterilisierte Hunde können sich nicht mehr fortpflanzen. Da jedoch die Funktion von Eierstock und Hoden erhalten bleibt und Sexualhormone weiter gebildet werden, bleiben geschlechtsspezifische Verhaltensweisen und auch die Läufigkeitsblutung erhalten.
Kastration Rüde
Die Kastration des RüdenTiermedizinische Gründe für die Kastration eines Rüden sind beispielsweise Veränderungen der Hoden und/oder der Prostata (z.B. Tumore, Zysten), Tumore der Perianaldrüsen und unvollständig abgestiegene Hoden (Kryptorchismus).
Leben im Umfeld eines Rüden eine große Zahl von Hündinnen, oder werden in einem Haushalt mehrere Hunde beiderlei Geschlechts gehalten, kann sich das Zusammenleben für alle Beteiligten schwierig gestalten.
Nächtliches Jaulen und Unruhe, Appetitlosigkeit, hormongesteuerter Ungehorsam oder das Markieren im Haus bzw. Umfeld während der Läufigkeit der Hündin zählen zu den sog. „sozio-äthiologischen Indikationen“, die für eine Kastration des Rüden sprechen; sie sind im Gespräch mit dem Tierarzt zu erörtern.Häufig genannte Gründe für den vom Hundebesitzer geäußerten Wunsch nach einer Kastration des Rüden ist Hypersexualität (gesteigerter Sexualtrieb) und Aggressivität.
Grundsätzlich ist hier anzumerken, dass ein Hund mit Erziehungsproblemen meist auch nach der Kastration weiterhin Probleme macht. Der operative Eingriff ändert nur dasjenige Verhalten, welches mit einem hohen Testosteronspiegel (Geschlechtshormon) zusammenhängt. Hier ist insbesondere die Aggressivität gegenüber männlichen Artgenossen zu nennen, die von den Besitzern als störend empfunden wird.
Die soziale Reife eines Hundes bildet sich im Verlauf der ersten zwei Lebensjahre aus. Je älter der Rüde ist und je später die Kastration erfolgt, umso geringer ist der gewünschte Effekt in dieser Beziehung. In die Überlegung, ob der Rüde kastriert werden soll, ist es ratsam, für derartige Fälle eine verhaltenstherapeutische Beratung mit einzubeziehen. Im Zweifelsfall ist die vorübergehende Unfruchtbarmachung des Rüden in Erwägung zu ziehen.
Nebenwirkungen der Kastration beim Rüden
Gewichtszunahme
Übergewicht führt zu Darmträgheit, Herz-Kreislaufproblemen, Gelenkerkrankungen und ähnlichem; diesem muss durch regelmäßige Gewichtskontrolle und der Futterreduktion bzw. –umstellung entgegengewirkt werden
Haarkleidveränderungen
Langhaarige Hunde mit glänzendem Deckhaar entwickeln nach der Kastration ein stumpfes „Babyfell“, welches auf übermäßiges Wachstum des Wollhaares zurückzuführen ist. Selten entwickeln sich zusätzliche haarlose Stellen im Flankenbereich. Bei Gordon Settern weist das Haarkleid häufig neben o.g. „Babyfell“ einen rötlichen Schimmer auf.
Attraktivität für andere Rüden
Dem kastrierten Rüden fehlt der Geschlechtsgeruch. Hierdurch wird er häufig für andere Rüden interessant und muss sich nicht selten gegen Zudringlichkeiten und Aufreitversuche wehren.